Das Tier Mensch

Nach einem Generationengefühl der Sicherheit, des Wohlstands, der Geborgenheit muss die westliche Welt nun feststellen, dass die behauptete Loslösung von fast allen tierischen Unkontrolliertheiten und die Ersetzung durch Beherrschung und Rationalisierung sich als Trugbild erweist.
Sich den Fehlbarkeiten und Hilflosigkeiten und Archaiken zu entziehen, bedeutet nur, dass sie sich als geballte Verfolgermacht darstellen und uns früher oder später einholen. Was Jahrmillionen gedauert hat, um sich zu entwickeln, kann nicht in wenigen Jahrzehnten getilgt werden.

Und so stehen wir inmitten der Nachwehen einer kräfte- und nervenzehrenden Pandemie, stehen immer noch am selbst produzierten Abgrund des drohenden Klimawechsels, und bangen täglich um einen sicher geglaubten Frieden, da auch ein vereinzelter Verirrter die ganze Menschheit in den Untergang reißen kann.

Wir haben gelernt und gefühlt, dass es ein wichtiges Gut ist, ein eigenes Zuhause zu haben, in das wir uns zurückziehen dürfen. Aber wir haben auch gemerkt, dass uns die Unbillen bis in dieses Heim verfolgen können; in unserer Zeit als virtuelle Verfolger in Form von Nachrichten und vernetztem Dauerbeschuss.

Wir ziehen uns weiter zurück und suchen uns ein Nest im eigenen Revier, das uns Geborgenheit und Rückerinnerung in die unwissenden Anfänge unseres Lebens verheißt. Da sind sie, die schützenden Orte: Das Bett, das unsere Kleinkindheit heraufbeschwört, und das Bad mit seiner Wanne oder Dusche, die uns noch weiter zurückführen in das Schutzwasser der Mutter.

Aber selbst da droht, da wir nun mal keine Unwissenden mehr sind, da uns unsere Jungfräulichkeit katastrophal verloren ging, Verfolgung.
Es bleibt dunkel. Die Nässe verletzt, entwässert. Dem Bett müssen wir selbst wieder entsteigen, wir werden nicht mehr getragen, von Eltern, von Unwissenheit, von Unbedarftheit, von Unschuld. Die Entropie des Niedergangs bleibt ungewiss.

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